Johann Wolfgang von Goethe interessierte sich unter anderem auch für die unterhaltende Zauberkunst, aber ebenso für die mystische Magie. Denken wir etwa an das Hexeneinmaleins im "Faust".
Er wanderte damals viel über die Heide, weil er dort ungehindert seinen Gedanken nachhängen konnte. Dabei standen ihm allerdings keine gepflegten Wege zur Verfügung, wie man sie heute kennt. Und wenn er querfeldein ging, passierte es schon mal, dass eine Dornenranke im Weg war, die sich an seine Beinkleider klammerte und seine Gedankengänge störte. Deshalb mochte er die Heiderosen nicht sonderlich.
Da er gewohnt war, alle Gedanken zu notieren, entstand ein kleines Gedicht, das - weil er sich damals gerade mit dem Entwurf zur "Hexenküche" im "Faust" beschäftigte - die nebenstehende "Urfassung" hatte.
Heideröslein Sah ein Magier ein Röslein steh’n,
Röslein auf der Heiden,
war so dumm im Weg zu steh’n,
drum wollt’ er verhext es seh’n
- konnte Rosen nicht leiden -. Röslein, Röslein, Röslein rot
Röslein auf der Heiden. Magier nahm sein Zauberbuch,
Röslein, armes Röslein,
und er sprach den Zauberspruch: "Mutabor!" so hieß sein Fluch,
schwupps, da war’s ein Mimöslein. Ein Mimöslein, zart und blass,
stand nun auf der Heiden.
Als Goethe später erkannte, dass die kommenden Generationen von ihm unbedingt ein Volkslied erwarte- ten, holte er das "Heideröslein" wieder aus der Schublade und gab ihm die heute übliche Fassung.